Das Mondauto wurde vom Hamburger Ingenieur Georg von Tiesenhausen entwickelt.

Als Apollo 15 am 26. Juli 1971 von Cape Canaveral abhebt, ist das erste Mondauto in der Geschichte der Raumfahrt mit an Bord. Am 31. Juli, wenige Stunden nach der Landung, kurven die beiden Astronauten David Scott und James Irwin, untermalt von Countrymusik, über den Mond. Houston applaudiert. Der Vater dieses Erfolges - das ist bis heute nahezu unbekannt - ist ein deutscher Ingenieur. Sein Name: Georg von Tiesenhausen. Er schloß 1943 sein Studium an der Ingenieurschule Hamburg ab - dem Vorläufer der heutigen Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW)

Georg von Tiesenhausen, 1914 als Sohn deutscher Eltern in Riga geboren, begann seine Karriere 1953 in Huntsville (Alabama, USA). Er wurde Mitglied in einem Team deutscher Forscher, die dort bereits seit drei Jahren unter Leitung von Wernher von Braun an der Entwicklung von Fernlenk- und ballistischen Raketen kleinerer Reichweite arbeiteten. Tiesenhausen kannte den Wissenschaftler. Denn der junge Hamburger Maschinenbauer war wenige Wochen nach seinem Examen 1943 in das Raketen-Entwicklungszentrum Peenemünde auf der Ostsee-Insel Usedom abkommandiert worden. Dort forschte und entwickelte von Braun, der nach Kriegsende in die USA zog.
Tiesenhausens Aufgabe war es, Mondfahrzeuge zu entwickeln. Dabei mußten sich die Ingenieure weitgehend auf Berechnungen verlassen. Denn Tests unter "Mondbedingungen" - auf dem Mond wirkt nur ein Sechstel der Erdanziehungskraft - konnten sie nicht machen. Schon 1963 stellte Tiesenhausen den ersten Entwurf eines Mondautos, des Lunar Roving Vehicle (LRV) vor. "Besonders stolz bin ich", schreibt Tiesenhausen im Rückblick, "daß eigentlich alle Komponenten, die ich in meinem ersten Entwurf vorgesehen hatte, auch in das endgültige Produkt übernommen wurden."
Und dieses mehr als 40 Millionen Dollar teure Produkt hatte es in sich. Das auf der Erde 208 Kilogramm schwere Gefährt war 3,10 Meter lang, 1,83 Meter breit und konnte mehr als das Doppelte seines Eigengewichts zuladen. Seine Batterien erlaubten eine Fahrzeit von bis zu 78 Stunden - die Astronauten bereisten die Mondoberfläche mit diesem "Alu-Cabrio" weniger als 18 Stunden. Allerdings konnten sie in dieser Zeit ein 290 Quadratkilometer großes Gebiet nahe des Hadley-Gebirgszuges nördlich des Mondäquators erkunden - zu Fuß hätten sie nur ein Bruchteil davon bewältigt.
Jedes der vier Räder, die aus gewickeltem Aluminium-Draht bestanden, wurde von einem Elektromotor angetrieben. Seine Leistung betrug 0,25 PS. Mit einer Geschwindigkeit von maximal zwölf Kilometern pro Stunde konnten die Astronauten maximal 92 Kilometer auf dem Mond zurücklegen.
Allerdings durften sie sich nie weiter als 9,7 Kilometer mit dem LRV von der Mondlandefähre "Falcon" entfernen, damit sie bei einem Totalausfall noch zu Fuß zurück zur Landefähre kämen. Faktisch legte dieses Allradgefährt rund 28 Kilometer zurück.
Ein Navigationssystem brachte die Astronauten von jedem Ausflug sicher zur Basis zurück - es selbst blieb nach dem dritten Ausflug auf dem Mond zurück. Dort steht das Mondauto, wenn es nicht von Meteoriten zertrümmert wurde, wohl noch heute.
Doch nicht nur das Mondauto, auch den Haltemechanismus für die Mondrakete Saturn V entwickelte Tiesenhausen. "Er mußte diese gegen den vollen Schub für drei Sekunden festhalten und dann innerhalb einer Zehntelsekunde freigeben. Ich konstruierte ihn nach dem Prinzip des alten deutschen Bierflaschenverschlusses. Es war mein erstes amerikanisches Patent", erinnert sich der Ingenieur. Dem folgten fünf weitere Patente. Insgesamt war er 33 Jahre bei der Nasa, dokumentierte seine Arbeiten in 278 technischen Berichten.
Als er 1986 in den Ruhestand ging, wurde er Dozent an der US Advanced Space Academy.
 

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